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Fortschritte im digitalen Vertrauen – Einblicke in die Entwicklung der staatlichen E-ID der Schweiz

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Dezember 3, 2024

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Anschauen: Eine Podiumsdiskussion zum Thema „Stand der Entwicklung der staatlichen E-ID“

Am 19. September 2024 fand eine faktenbasierte Diskussion über die Fortschritte bei der Entwicklung der staatlichen elektronischen Identität (E-ID) der Schweiz statt. Organisiert war der netzpolitische Abend von der digitalen Gesellschaft und beleuchtete die Veranstaltung zentrale Herausforderungen und Chancen eines Projekts, das die digitale Zukunft des Landes prägen soll. Zu den Rednern gehörten Annett Laube, Professorin für Informatik an der Berner Fachhochschule, Rolf Rauschenbach, Informationsbeauftragter für die E-ID beim Bundesamt für Justiz, und Daniel Säuberli, Präsident der Digital Identity and Data Sovereignty Association (DIDAS).

Die Vision einer staatlichen E-ID

Quelle: Der Nutzen der E-ID

Die staatliche E-ID ist mehr als ein technisches Werkzeug – sie soll das Fundament für Vertrauen und Effizienz im digitalen Raum bilden. Nach der deutlichen Ablehnung des privat betriebenen E-ID-Gesetzes im Jahr 2021 steht nun eine staatliche Lösung im Fokus, die Datenschutz, Datensouveränität und Nutzerfreundlichkeit in den Mittelpunkt stellt. Ziel ist es, eine digitale Identität zu schaffen, die den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger entspricht und gleichzeitig die technologische und rechtliche Grundlage für innovative digitale Dienste bietet.

Beiträge der Experten

Prof. Annett Laube erläuterte die technologischen Grundlagen und wissenschaftlichen Standards, die bei der Entwicklung der E-ID berücksichtigt werden müssen. Sie hob hervor, wie essenziell Datenschutz und Sicherheit durch Prinzipien wie Privacy by Design gewährleistet werden können, und wies auf die Bedeutung von Transparenz durch Open-Source-Lösungen hin. User Binding ist der sichere Prozess, eine digitale Identität mit ihrem rechtmäßigen Besitzer zu verknüpfen, sodass nur autorisierte Personen Zugang zur E-ID haben und sie nutzen können, während Datenschutz und Vertrauen gewährleistet bleiben.

Rolf Rauschenbach stellte die strategischen und politischen Überlegungen hinter dem Projekt dar. Er sprach über die Herausforderungen bei der Umsetzung einer Lösung, die sowohl technisch robust als auch benutzerfreundlich ist, und betonte die Notwendigkeit eines klaren rechtlichen Rahmens.

Daniel Säuberli, Präsident von DIDAS, lenkte die Aufmerksamkeit auf die grundlegende Rolle von Vertrauen in digitalen Infrastrukturen. Er betonte drei zentrale Prinzipien, die für den Erfolg der E-ID entscheidend sind:

  1. Stärkung der Datensouveränität: Bürgerinnen und Bürger müssen die volle Kontrolle über ihre persönlichen Daten behalten. Es darf keine unnötigen Eingriffe durch Dritte geben.
  2. Förderung der Interoperabilität: Die E-ID muss national und international einsetzbar sein, um grenzüberschreitende digitale Interaktionen zu ermöglichen.
  3. Schaffung von Vertrauen durch Transparenz: Nur durch offene Kommunikation und die aktive Einbindung von Öffentlichkeit, Wirtschaft und Wissenschaft kann die Akzeptanz der E-ID sichergestellt werden.

 

Ambitionslevel

Quelle: Zielbild E-ID

 

Die Basisfunktionalität der staatlichen E-ID bildet das erste Ambitionslevel. Hier steht die E-ID als Werkzeug zur digitalen Identifikation im Mittelpunkt. Ziel ist es, eine rechtsgültige, benutzerfreundliche und sichere Möglichkeit zur Authentifizierung bereitzustellen. Auf dieser Stufe wird die E-ID vor allem für zentrale Anwendungen genutzt, beispielsweise für den Zugriff auf Online-Dienste von Bundesbehörden wie Steuererklärungen oder Registerauszüge. Die sichere Identifizierung in digitalen Verwaltungsprozessen ist ein wesentlicher Bestandteil dieser grundlegenden Nutzung.

Das zweite Ambitionslevel erweitert die Anwendung der E-ID auf kantonale und kommunale Dienste. Ziel ist es, Bürgerinnen und Bürgern einen einfachen und digitalen Zugang zu Dienstleistungen von Gemeinden und Kantonen zu ermöglichen. Dies erfordert eine einheitliche und interoperable Lösung, die auf allen Verwaltungsebenen funktioniert. Beispiele hierfür sind die Anmeldung von Wohnsitzänderungen bei der Gemeinde, die elektronische Stimmabgabe oder die Beantragung von lokalen Genehmigungen. Durch diese Erweiterung wird die E-ID zu einem integralen Bestandteil der öffentlichen Verwaltung in der Schweiz.

Das dritte Ambitionslevel sieht die breite Nutzung der E-ID in der Wirtschaft vor. Auf dieser Stufe wird die E-ID zu einem universellen Identifikationsmittel für digitale Dienstleistungen über den staatlichen Bereich hinaus. Ziel ist es, ein digitales Ökosystem zu schaffen, in dem Bürgerinnen und Bürger die E-ID auch bei privaten Anbietern einsetzen können. Mögliche Anwendungen umfassen Online-Banking, Vertragsabschlüsse, Altersverifikationen und den Zugang zu Gesundheitsplattformen. Mit diesem Ambitionslevel wird die E-ID ein Treiber für Innovation und Digitalisierung in verschiedenen Wirtschaftssektoren.

Die Ambitionslevel der staatlichen E-ID sind eng mit den von Daniel Säuberli beschriebenen Prinzipien für den Erfolg digitaler Infrastrukturen – Datensouveränität, Interoperabilität und Transparenz – verknüpft. Jedes Level baut auf diesen Prinzipien auf und trägt dazu bei, eine digitale Identität zu schaffen, die nicht nur technisch, sondern auch gesellschaftlich akzeptiert ist. Hier die Verbindungen im Detail:

Ambitionslevel 1: Basisfunktionalität und Datensouveränität

Im ersten Ambitionslevel steht die sichere und benutzerfreundliche Identifizierung im Fokus. Das Prinzip der Datensouveränität ist hier zentral: Bürgerinnen und Bürger sollen die Kontrolle über ihre persönlichen Daten behalten. Dies bedeutet, dass die E-ID lediglich die für die Identifikation notwendigen Daten verarbeitet, ohne unnötige Eingriffe oder Weitergabe an Dritte. Die Einhaltung von Privacy-by-Design-Standards schafft Vertrauen in die Grundfunktionalität der E-ID.

Ambitionslevel 2: Kantone und Gemeinden und Interoperabilität

Die Erweiterung der E-ID auf kantonale und kommunale Dienste erfordert eine fördernde Interoperabilität, um unterschiedliche Verwaltungsplattformen miteinander zu verbinden. Dieses Prinzip gewährleistet, dass die E-ID nicht nur in einer isolierten Umgebung funktioniert, sondern als universelles Werkzeug über verschiedene Verwaltungsebenen hinweg einsetzbar ist. Die Integration von Gemeinden und Kantonen stärkt den Mehrwert der E-ID und unterstreicht ihre Funktion als Brücke zwischen Bürgern und staatlichen Diensten.

Ambitionslevel 3: Wirtschaft und Transparenz

Das dritte Ambitionslevel, die Nutzung der E-ID in der Privatwirtschaft, hängt unmittelbar mit dem Prinzip der Transparenz zusammen. Nur durch offene Kommunikation und klare Richtlinien kann sichergestellt werden, dass private Unternehmen die E-ID verantwortungsvoll einsetzen. Die Transparenz der E-ID-Infrastruktur schafft Vertrauen bei Bürgern und Unternehmen, sodass diese die E-ID in vielfältigen Szenarien wie Online-Banking oder E-Commerce nutzen können.

Prinzipien als Leitplanken für die Ambitionslevel

Die Ambitionslevel der staatlichen E-ID bauen schrittweise aufeinander auf und verwirklichen gleichzeitig die drei zentralen Prinzipien. Datensouveränität schafft die Grundlage für Vertrauen in die Basisfunktionalität, während Interoperabilität die Integration in den Alltag erleichtert. Transparenz wiederum ist der Schlüssel, um die Akzeptanz der E-ID zu fördern und sie als universelles Werkzeug für öffentliche und private Anwendungen zu etablieren. Zusammen stellen die Prinzipien sicher, dass die E-ID nicht nur technologisch, sondern auch gesellschaftlich erfolgreich ist.

Herausforderungen und Ausblick

Obwohl große Fortschritte erzielt wurden, stehen weiterhin wichtige Fragen im Raum: Wie kann die E-ID in bestehende Systeme integriert werden? Wie können Transparenz und Datenschutz garantiert werden? Und wie überzeugt man die Öffentlichkeit von den Vorteilen dieser staatlichen Lösung?

DIDAS: Eine treibende Kraft für digitales Vertrauen

Für DIDAS ist die staatliche E-ID ein Schlüsselinstrument zur Förderung von digitalem Vertrauen und Innovation. Als Plattform für digitale Vertrauensinfrastrukturen setzt sich DIDAS dafür ein, die Entwicklung der E-ID voranzutreiben und die Rahmenbedingungen für eine souveräne digitale Gesellschaft zu schaffen.

Mit der staatlichen E-ID hat die Schweiz die Chance, ein Vorreiter im Bereich digitaler Identitäten zu werden – basierend auf den Werten von Vertrauen, Sicherheit und Innovation.

Fazit:

Die staatliche E-ID bietet der Schweiz die Möglichkeit, ein modernes, vertrauenswürdiges digitales Ökosystem zu schaffen, das die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellt. Sie ist ein wichtiger Schritt, um Datensouveränität, Sicherheit und Interoperabilität zu fördern, während sie gleichzeitig die digitale Transformation des Landes vorantreibt.

Die erfolgreiche Umsetzung der E-ID erfordert jedoch Transparenz, Zusammenarbeit und eine klare Kommunikation, um Vertrauen aufzubauen und die Akzeptanz in der Bevölkerung zu sichern. DIDAS spielt dabei eine zentrale Rolle, indem es Brücken zwischen den verschiedenen Akteuren schlägt und die Werte von digitalem Vertrauen und Datenhoheit aktiv vorantreibt.

Mit einer klaren Vision und einem offenen Dialog kann die Schweiz ein Vorbild für andere Länder werden und eine digitale Zukunft gestalten, die auf den Prinzipien von Vertrauen, Innovation und Nutzerorientierung basiert.